Einfluss künstlicher elektromagnetischer Strahlung auf Lebewesen

 

Elektrosmog

Der Begriff Elektrosmog setzt sich aus den englischen Wörtern smoke für Rauch und fog für Nebel zusammen. Der Begriff unterstellt, dass eine belastende Auswirkung auf Menschen und Umwelt vorhanden ist. Heute benutzt man ersatzweise auch den Begriff der elektromagnetischen Umweltverträglichkeit, kurz EMUV. Darunter versteht man die Belastung der Umwelt durch künstlich erzeugte elektrische, magnetische sowie elektromagnetische Felder und Wellen.

Üblicherweise wird zum Elektrosmog nur der technisch erzeugte Teil des elektromagnetischen Spektrums gerechnet, der Frequenzen bis etwa 100 GHz umfasst. So sendet eine Leuchtstoffröhre elektromagnetische Strahlung im sichtbaren Bereich und bei 100 Hz. Der 100-Hz-Anteil wird zum Elektrosmog gerechnet, das Licht nicht.

Die wichtigsten Erzeuger von Elektrosmog sind heute: Nieder- und Hochspannungsleitungen, Rundfunk- und Fernsehsender, Radaranlagen, Mobilfunkantennen und -telefone, WLAN, Bluetooth und weitere schnurlose Kommunikationsanlagen und -technologien.

Die Schädlichkeit oder Unschädlichkeit von Elektrosmog ist seit der ersten öffentlichen Nutzung von Elektrizität ein heiß umkämpftes Thema. Es gibt aber wichtige Faktoren, die einer eindeutigen Aussage im Wege stehen: Die schier unendlichen Möglichkeiten, auf welche Weise Elektrosmog zusammengesetzt sein kann und die unterschiedlichen individuellen Empfindlichkeiten der Organismen.

Thermische Wirkung

Wenn die Intensität der Strahlung derart hoch ist, dass eine Aufheizung des Gewebes von mehr als 0,1 Grad Celsius stattfindet, spricht man von einer thermischen Wirkung oder thermischen Belastung. In offiziellen Richtlinien zur Begrenzung der Exposition gegenüber elektromagnetischen Feldern wird festgestellt, dass Temperaturerhöhungen von mehr als 1 Grad Celsius zu negativen biologischen Wirkungen führen können. Die offiziellen Grenzwerte sind darauf ausgelegt, die Erwärmung des Körpers für beruflich exponierte Personen auf unter 0,1 Grad zu begrenzen. Daraus sind Grenzwerte für die so genannten spezifischen Absorptionsraten (SAR, die aufgenommene Leistung pro Kilogramm Körpermasse) abgeleitet worden. Für die Allgemeinbevölkerung gelten fünf Mal kleinere Grenzwerte. Weil die Absorption frequenzabhängig ist, gibt es ebenfalls frequenzabhängige Grenzwerte für die Feldstärken und Leistungsflussdichten der Strahlung. In den westlichen Staaten basieren die Grenzwerte auf den Empfehlungen des ICNIRP (International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection), welche u.a. von der EU übernommen wurden. [DIRECTIVE 2004/40/EC]

Nicht-thermische Wirkung

Die thermische Wirkung der Strahlung ist relativ leicht nachzuweisen und deshalb auch generell anerkannt. Die ganze Diskussion der Gefahren des Elektrosmogs bezieht sich auf die nicht-thermischen Wirkungen, d.h. Wirkungen, die bei kleinen bis zu ganz minimalen Strahlungsdosen vorhanden sein würden und die Erwärmung weniger als 0,1 Grad Celsius betragen würden.

Die Existenz solcher Wirkungen wurde bis vor kurzem von Behörden, Industrie und großen Bereichen der Wissenschaft generell nicht anerkannt und vorhandene Forschungsergebnisse als nicht-zutreffend eingestuft. 

Das Problem ist, dass die nicht-thermischen Wirkungen, wenn vorhanden, sehr oft Langzeiteffekte verursachen, welche sorgfältig und auf lange Dauer beobachtet werden müssen. Die Lage ist vielleicht vergleichbar mit der bei Amalgam, Asbest oder dem Einatmen von Nikotin. Manchem Einzelkämpfer war schon vor 50 Jahren bewusst, dass hiermit erhebliche Gesundheitsrisiken verbunden sind. Die breite Öffentlichkeit brauchte aber einige Jahrzehnte mehr. Fazit ist, dass einerseits die Elektrosmog Problematik heute immer noch scharf und kontrovers diskutiert wird, dass aber andererseits die Zahl der Wissenschaftler und weiteren Entscheidungsträger, welche die Problematik ernst nehmen, deutlich zunimmt.

So hat die Europäische Umweltagentur (EUA, eine Einrichtung der Europäischen Union) 2001 den Bericht "Späte Lehren aus frühen Warnungen: Das Vorsorgeprinzip 1896 – 2000" veröffentlicht. Hierin wird untersucht, wie das Konzept der Vorsorge in den letzten 100 Jahren von politischen Entscheidungsträgern im Umgang mit einer Vielzahl von Risiken angewendet wurde. In einer Erklärung anlässlich einer Konferenz in Washington zum Thema Mobilfunk hat die EUA Direktorin, Prof. McGlade, 2009 aufgrund der gegenwärtigen Beweislage die Umsetzung dieses Vorsorgeprinzips hinsichtlich elektromagnetischen Feldern (EMF) eingefordert. In der Erklärung [MCGLADE 2009] heißt es u.a.: 

Die EUA betrachtet das Vorsorgeprinzip als wesentlich beim Erstellen einer Rechtsordnung, dort wo es wissenschaftliche Unsicherheit und hohe Einsätze gibt – genau die Situation, die elektromagnetische Felder an diesem Punkt kennzeichnen. Das Warten auf ein hohes Maß an Beweisen bevor man handelt, um gut bekannte Risiken zu vermeiden, kann zu sehr hohen Gesundheitsausgaben und wirtschaftlichen Kosten führen, wie es bei Asbest, bleihaltigem Benzin und Rauchen geschah.

Interessant ist auch folgendes Zitat aus dieser Erklärung: 

Außerdem haben wir in früheren Darstellungen zur Gesundheitsgefährdung wie z.B. bei Blei im Benzin und Methylquecksilber bemerkt, dass Frühwarn-Wissenschaftler oft unter Diskriminierung, Verlust von Forschungsgeldern und unangebrachten persönlichen Attacken auf ihre wissenschaftliche Integrität leiden. Es würde überraschen, wenn dies nicht jetzt schon ein Merkmal der gegenwärtigen EMF-Kontroverse ist, also immer noch, wie kürzlich in Nature berichtet, die übliche Praxis zu sein scheint. Wissenschaftliche Verbände, Rechtsanwälte und Politiker sollten deshalb über Wege nachdenken, wie die Gesellschaft einen größeren Schutz für Frühwarn-Wissenschaftler gewährleisten könnte.